Behaltet das Gute!

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Predigt gehalten am 01.01.2025 in der Stadtkirche Zofingen

T: Prüft aber alles und behaltet das Gute.

( 1. Thessalonicher 5,21)

Liebe Gemeinde,

Dia Jahreslosung des Jahres 2025, die wir jetzt als Predigttext gehört haben, hat es in sich. Ist dies ein Freischein, um alles machen zu können, von dem wir oder andere behaupten, dies sei gut? Oder geht es eventuell doch um etwas anderes, Wesentliches, Entscheidenderes als irgendeine Form von Beliebigkeit? Ich denke, Letzteres ist der Fall. Ich lade Sie heute dazu ein darüber nachzudenken, welche Impulse uns unsere Jahreslosung bietet oder bieten kann.

Die Lage der Gemeinde in der Hafenstadt Thessaloniki war zur Zeit der Verfassung des Briefes alles andere als einfach. Aus allen Richtungen haben sie Gegenwind zu spüren bekommen, sowohl wegen ihrer Religion, als auch wegen ihrer Ethik und Moral. Zugleich aber traten in der Gemeinde auch innere Spannungen auf, welche die Einheit der Kirche gefährdet haben. Es ging immer wieder um die Unterscheidungen und um die Entscheidungen der Einzelnen, aber auch der Gemeinde. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass es in solch einer Situation nicht einfach war, eine klare Haltung zu finden. Deshalb sind die eindringlichen, mahnenden Worte des Verfasser des Briefes. Sie sollten zumindest die Richtung angeben, in der man denken und argumentieren sollte. Die Zeiten ändern sich. Die Kirche und damit die diversen Kirchgemeinden müssen sich den Änderungen stellen. Was aber ist notwendig? Wie weit sollte man gehen und wo und wann muss man die Bremse ziehen? Wie weit können wir Änderungen zulassen und wie weit müssen wir darauf beharren, was wir kennen und woran wir uns gewöhnt haben. Diese Fragen haben uns im letzten Jahr begleitet. Im Zuge der Kirchenreform werden sie unsere Landeskirche auch im 2025 beschäftigen. Aber nicht nur die Kirche, sondern wir alle, als Einzelne müssen uns mit diesen Fragen auseinandersetzen, denn die sich verändernden Rahmenbedingungen des Lebens stellen uns immer wieder vor grosse Herausforderungen. Dies wird vermutlich auch im neuen Jahr nicht anders sein. Lasst uns nun auf diesen Bibelvers schauen. Was können wir davon für unseren Alltag im Neuen Jahr mitnehmen?. Was wollen wir behalten und was können wir getrost aufgeben oder verabschieden? Nicht nur in Bezug auf die Kirche, aber auch in Bezug auf unser persönliches Leben ist dies eine Herausforderung. Das Neue Jahr, welches sich vor uns liegt, ist wie ein unbeschriebenes Kalenderblatt. Es liegt auch an uns, was auf diese noch leeren Blätter geschrieben wird, mit welchem Inhalt wir die Tage des Neuen Jahres füllen werden.

Unser Predigttext bietet uns Hilfe bei den Entscheidungen, indem er darauf aufmerksam macht, dass man zuerst alles prüfen soll. Aber  bitteschön, wie soll  dies gehen und vor allem, wie komme ich dazu, die Kriterien festlegen zu können? Das Wort, welches hier im Urtext verwendet wird, hat allerdings ein weites Bedeutungsfeld. Es schwingen solche Bedeutungen mit, wie zum Beispiel «Metalle läutern». Es geht also um etwas, was Feingefühl erfordert. Metalle werden bekanntlich dann geläutert, wenn etwas Spezielles daraus hergestellt werden soll. Der Prozess geht nicht ohne Weiteres. Man muss aufmerksam beobachten, wie die verschiedenen Elemente voneinander getrennt werden und dann muss man im richtigen Moment eingreifen. Ich denke, das ist genau das, was der Verfasser des Briefes hervorheben möchte. Bei den komplexen Sachverhalten muss man sich genau darauf konzentrieren, was wesentlich ist, was von Belang ist, um die Aufgaben im Leben wahrnehmen zu können. Ich denke, diesbezüglich kann uns unser Predigttext eine Anregung mit auf dem Weg geben. Mit genau derselben Sorgfalt, mit dem der Goldschmied die veschiedenen Elemente voneinander trennt (und all diese Elemente sind an sich wervoll!), sollten wir in unserem Leben auch vorgehen. Die Konzentration darf nicht nachlassen, denn sobald sie fehlt, können Fehler passieren, die dann fatale Folgen haben können. Die Aufmerksamkeit und die Konzentration auf das, was wir tun, ist im Grunde genommen etwas, was man im Leben voraussetzt.  Und dennoch, scheint diese Mahnung auch für uns nicht gegenstandslos sein. Auch wir müssen uns bewusst machen, dass es ein Stück weit auch in unserer Verantwortung liegt, was wir annehmen, was wir akzeptieren und was nicht. Und die Vielfalt der Herausforderungen in unserem Alltag wird auch im neuen Jahr nicht kleiner. Es tut gut, sich bewusst zu machen gerade jetzt so am Anfang des neuen Jahres, dass so einiges in unseren Händen und im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt. Die Entscheidungen, die wir fällen, bestimmen das unser Leben.  Es tut gut, diese Entscheidungen sorgsam zu fällen. Im Zusammenhang des Briefes macht uns unsere Jahreslosung darauf aufmerksam, dass wir bei den diversen Entscheidungen die Sache nicht vergessen dürfen. Die Sache ist nicht unsere persönliche Entscheidung. Die Sache, und dies wird im ganzen Brief deutlich hervorgehoben, ist die Sache Gottes. Das als Rahmenbedingung zu haben, bestimmt unser Leben. Es tut gut, sich so am Anfang des Jahres daran zu erinnern, dass uns die Grenzen und Rahmenbedingungen  des Leben geschenkt werden. Nicht minder bedeutend und wichtig finde ich aber, dass in unserem ersten Wort auch die Freiheit mitklingt. Der Goldschmied hat ein Ziel vor Augen, aber es ist nicht vorgeschrieben, welche Methode er anwenden muss. Es gibt gewiss Methoden, die schneller und effizienter zum Erfolg führen als andere, aber es ist dem Goldschmied überlassen, welche Methode er verwendet. Ich finde, gerade diesen Aspekt  unserer Jahreslosung besonders interessant. Er unterstreicht nämlich das, was auch an anderen Stellen in der Bibel beschrieben wird, nämlich Gottes grosszügige Freiheit im Umgang mit uns. Wir dürfen uns ausprobieren auch im neuen Jahr, unsere eigenen Wege gehen.. Wichtig ist nur, dass wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Die Goldschmiede haben alles genau geprüft und haben dann wunderbare, einzigartige Kunstwerke geschaffen. Genau so einzigartig und kompliziert in der Entstehung sind auch unsere ganz persönlichen Lebensgeschichten. Sie entstehen aus vielen Entscheidungen. Manchmal enthalten sie Sackgassen und Abbiegungen, welche ins Nichts führen. Aber genau so machen sie ein Gesamtes aus. Ich denke, wenn wir jetzt auf das neue Jahr schauen, so dürfen wir diese Freiheit mitnehmen, welche Gott uns nicht nur lässt, sondern schenkt. Ebenso dürfen wir die Mahnung mitnehmen, dass wir sorgfältig planen und uns sorgfältig entscheiden sollen. Die Sache ist die Sache Gottes und zwar seine Güte, Barmherzigkeit und Menschenliebe. Daran dürfen wir uns freuen.

Doch, was muss dann behalten werden? Dies ist die Frage, die man sich als Mensch in so manchen Situationen des Lebens stellt, manchmal bezogen auf das Materielle, oft aber auf das Nicht-Materielle. Was muss behalten werden im Sinne unseres Predigttextes und im Sinne der Jahreslosung? Auch diesbezüglich hilft uns der Urtext des Predigttextes weiter. Das Gute, was beibehalten muss, wird mit einem Wort beschrieben, welches im Griechischen das Schöne bezeichnete: Das Schöne, das Harmonische als Manifestation des Guten, des Göttlichen im Leben des Menschen. Was wesensmässig gut ist, ist mit der Schönheit der Welt und letztlich mit Gott im Einklang. Ich denke, auch daraus können wir so einiges für unserem Alltag mitnehmen. Das, was wir behalten und behalten wollen, muss im Zusammenhang von Gottes Plan und seiner Sache Sinn machen, muss sich einfügen in das was wir als Harmonie bezeichnen. Im Altertum und auch später noch sprach man im Zusammenhang mit  dem Göttlichen über die Harmonie der Sphären, von der himmlischen Musik, welche das Weltall erfüllt. Ich finde die Vorstellung schön. Meine, vielleicht nicht allzu saubere Stimme, darf sich in der himmlischen Harmonie einfügen. Ich darf sein, wer ich bin, solange ich bereit bin, mich in jene himmlische Harmonie einzufügen.

Wir wissen nicht, was das Neue Jahr alles für uns bereit hält. Eine bombensichere Bedienungsanleitung zum Leben und zu den Entscheidungen kann uns niemand liefern. Wir dürfen aber ins Neue Jahr gehen mit dem Wissen, dass wir nicht allein sind, dass die Stimme unseres Lebens sich in der himmlischen Harmonie einfügen darf. Wir dürfen damit rechnen, dass wir sichere und zuverlässige Entcheidungsgrundlagen haben, und zwar in aller Freiheit.

In einer Welt, welche zunehmend von diversen Unfreiheiten und vermeintlichen Sachzwängen regiert wird, dürfen wir mit der Freiheit Gottes rechnen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass in der Vielfalt der himmlischen Harmonie auch unser Lebensentwurf eine Berechtigung hat, solange wir die Sache nicht aus den Augen verlieren. Wir dürfen nun getrost ins Neue Jahr gehen mit der Gewissheit, dass uns die Freiheit zugesprochen wird: prüft alles… behaltet das Gute!

Amen

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